Freitag, 26. Oktober 2012

Einmal "Bruce allmächtig" bitte

Manchmal wünsche ich mir die Gabe von „Bruce allmächtig“. Dann wäre kein Zug zu spät, die Kinder nie krank, der Chef würde die getane Arbeit würdigen. Und der Oktober glänzte golden statt mattgrau.

Doch leider ist mir diese Gabe nicht gegeben. Und so muss ich mein Schicksal mit verspäteten Zügen und ausfallenden Bahnen mit einem Riesenheer anderer Pendler teilen. Dass ich momentan beinahe täglich Geschichten lese, höre oder sehe, die über die krankmachende Wirkung des Pendelns berichten, mag an einer selektiven Wahrnehmung liegen. Schließlich liefen in der Stadt auch ausschließlich schwangere Frauen herum, als ich selber ein Kind erwartete.

Anfangs genoss ich den Umstand, in einer anderen Stadt zu arbeiten. Die Auszeit von der Familie, die Zeit für mich, meine entzückende Wohnung mitten im Zentrum. Doch dann schlich sich die Sehnsucht in mein Leben. Ich vermisse das gemeinsame Abendessen, wenn bei Tisch jeder von seinem Tag erzählt. Ich vermisse es, jetzt im Herbst abends nach Hause zu kommen, wenn die erleuchtenden Küchenfenster eine Wärme versprechen, die einem beim Öffnen der Haustür entgegenkommt. Ich vermisse die Stunden am flackernden Kaminofen, das Glas Wein mit meinem Mann. Den Geruch nach feuchtem Laub und Erde, der für mich Herbst bedeutet. Und ich vermisse meine Kinder, die ich so oft auf den Mond gewünscht habe.

Als ich mich vor knapp einem Jahr enthusiastisch in diese Art Leben stürzte, hatte es für mich nur positive Seiten. Ich hatte einen Job, den ich liebte. Tolle Kollegen, auf die ich mich jede Woche wieder freute. Eine Welle des Glücks trug mich durch die Wochen. Ich freute mich darauf, mittwochs in dieses andere Leben einzutauchen. Und Freitagabend wieder meine Familie zu sehen.

Doch dann kam die Realität. Und die hieß Verlust des Alltags mit der Familie. Was teilweise auch dem Umstand geschuldet war, dass ich zuhause zwei bis drei Abende noch einen weiteren Job in der Redaktion der heimischen Tageszeitung habe. Plötzlich ging mir der Spruch einer Freundin nicht mehr aus dem Kopf, die davon erzählte, dass sie ihre Kinder vermissen würde in Zeiten, in denen sie extrem viel arbeitet. Ich konnte es damals nicht nachvollziehen. Heute verstehe ich, was sie meinte.

Und auch wenn ich mich heute noch immer auf meine Kollegen freue, bin ich dennoch wieder auf der Suche. Nach einem Job, der die viel beschworene Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht. Auch für uns.